Ich wache auf, im Zimmer herrscht trübes Licht und die Luft ist noch frisch. Ein Blick auf die Uhr bestätigt es: Die Sonne ist gerade über den Horizont geklettert. Der perfekte Moment also, um einen ersten Blick auf meine neue Umgebung zu werfen. Ich suche meine Klamotten zusammen, ziehe noch Schal und Mütze auf, denn im Februar ist es auch in Vietnam nicht überall warm und öffne die Tür. Sie wieder zu schließen, vergesse ich jedoch, denn das Panorama vor mir lässt mich innehalten. Grün soweit das Auge reicht – Willkommen im Phong Nha Ke Bang Nationalpark.
Vietnam von seiner ursprünglichen Seite
Gerade wenn du nach Hanois wuseligen und lauten Straßen auf der Suche nach Natur und Ruhe bist, dann ist der Phong Nha Ke Bang Nationalpark die perfekte Anlaufstelle für dich.
Du findest scheinbar unendliche grüne Reisfelder. Du findest kleine Dörfer verbunden über Schotterwege, in denen dir die Kinder hinterher laufen und nach deinem Namen fragen. Du findest Vergangenheit und Geschichte, denn die Folgen des Vietnam-Kriegs sind immer noch da. Und du findest unzählige wunderschöne Höhlen, die du auf unterschiedlichen Touren besichtigen kannst.
Hier kommen meine besten Tipps für deinen perfekten Besuch im Phong Nha Ke Bang Nationalpark:
Anreise zum Phong Nha Ke Bang Nationalpark
Den Nationalpark erreichst du am einfachsten mit dem Zug. Sowohl von Hanoi als auch von Huế fahren mehrmals am Tag Züge mit Halt in Dong Hoi. Dieser kleine Küstenort ist ca. 50 Kilometer vom Nationalpark entfernt. Am Bahnhof schnappst du dir am besten direkt ein Taxi oder nutzt – wenn vorhanden – den Abholservice deiner Unterkunft. Es gibt zwar auch eine Busverbindung nach Son Trach, dem größten Ort im Phong Nha-Kẻ Bàng Nationalpark, aber sowohl Zeiten als auch Abfahrtort sind schwer herauszufinden.
Übernachten
Du willst inmitten von Reisfeldern aufwachen wie ich? Dann ist das Phong Nha Farmstay deine Wahl. Ich muss sogar zugeben, dass es diese Unterkunft war, die mich überhaupt erst in den Nationalpark gelockt hat.
Die Lage des kleinen Gueshouse ist unbezahlbar: Nur Reisfelder soweit das Auge reicht. Die Unterkunft bietet neben Doppel- und Familienzimmern einen großen und irre gemütlichen Aufenthaltsraum, in dem alles stattfindet: Essen, zusammen sitzen, lokalen Bands lauschen, das Bierchen am Abend genießen. Zudem gibt es neben Hängematten und einem kleinen Pool auch noch einen Billardtisch und kostenfreie Fahrräder.
Doch erst die Menschen machen ein echtes Zuhause daraus. Egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit, du findest für jeden Bedarf den richtigen Ansprechpartner. Das Essen bestellst du ebenfalls zu jeder Zeit einfach an der Theke und die Rezeption ist sowieso immer mit jemandem besetzt, der dich zu den vielen Touren beraten kann oder dich mit Tipps und Karten für deine eigenen Ausflüge versorgt.
Eines solltest du vor deiner Buchung wissen: Die geniale Lage bekommst du nur, weil in der Nähe einfach gar nichts ist. Das nächste Dorf, in dem du Geld gegen Ware tauschen kannst, ist ca. 10 Kilometer entfernt. Tagsüber ist das mit dem Fahrrad kein Problem, Abends oder gar Nachts würde ich dir einen Heimweg über die unbeleuchteten Wege nicht empfehlen. Denn Wegweiser sind selten und noch seltener stimmen die darauf angegebenen Entfernungen. Daher bist du gerade Abends auf Essen und Getränke im Farmstay angewiesen.
Die Preise sind dafür zwar etwas höher als sonst üblich in Vietnam, aber jeden Cent wert, denn das Essen ist unfassbar lecker und wird immer frisch zubereitet. Zusätzlich werden damit die Bauern aus der Umgebung unterstützt. Bei der Buchung eines Zimmers im Farmstay bekommst du eine Übersicht der Lage und Preise zugeschickt und kannst dann nochmal entscheiden, ob es ins Budget passt.
Willst du etwas zentraler und günstiger wohnen, kann ich dir das Easy Tiger Hostel direkt in Son Trach empfehlen, mit welchem das Farmstay bei vielen Touren kooperiert. Selbst geschlafen habe ich dort nicht, aber auf meiner Tour durch den Park habe ich andere Reisende kennengelernt und die waren mit dem Easy Tiger Hostel vollauf zufrieden.
Essen im Phong Nha Ke Bang
Ein kulinarisches Highlight will ich dir auf keinen Fall vorenthalten. Aber Vorsicht: Nichts für Vegetarier! Schwing dich auf ein Fahrrad, lass dir kurz den Weg erklären und suche das Pub with Cold Beer. Auf dem Weg dahin wird dir schnell auffallen: Hier sind 200 Meter irgendwie weiter als zu Hause in Deutschland. Das Pub with Cold Beer sind lediglich ein paar überdachte Tische neben einer kleinen Hütte. Die dort wohnende Familie hat sich auf zwei Sachen spezialisiert: Frisches Huhn und kaltes Bier.
Und mit frischem Huhn meine ich: Wirklich frisch. Je nach Personenanzahl holt die Dame des Hauses ein lebendiges Huhn, schlachtet es und bereitet es direkt für dich zu. Keine Sorge, diesen Prozess kannst du zwar mit anschauen, musst du aber nicht. Nach ca. 45 Minuten steht dann eine Platte mit Huhn, Reis und der köstlichsten Erdnusssauce, die ich je gegessen habe, vor dir.
Ist dir doch lieber nach etwas Fleischlosem oder einfach einem Snack, dann findest du in Sơn Trạch das Phong Nha Bamboo Café mit einer leckeren Speisekarte, sehr vernünftigen Preisen und einer stabilen Internetverbindung.
Sehenswertes gibt es genug
So ziemlich das beste am Phong Nha ist, dass du einfach mit dem Fahrrad losziehen kannst, um die Gegend zu erkunden. Du findest Reisfelder (wer hätte das gedacht?), kleine Ortschaften, Kühe am Straßenrand, Kirchen am Flussufer und unglaublich viel grüne Natur. Aber der wirkliche Höhepunkt des Parks sind die vielen Höhlen, von denen noch längst nicht alle entdeckt und erschlossen sind. Die bekannteste ist die Paradise Cave oder auch Thiên-Đường-Höhle genannt. Solltest du dich jemals gefragt haben, wie die Bilder aus dieser Höhle nachbearbeitet wurden, damit sie so genial aussehen, dann kann ich dir verraten: Gar nicht, denn es sieht dort genauso aus.
Durch die Höhle führt ein breiter Holzsteg und für die besondere Stimmung sorgen die vielen Lichtstrahler, die die Schönheit der Steine erst so richtig zur Geltung bringen. Die größte Höhle des Parks ist die gleichnamige Phong Nha Cave. Da sie von Wasser unterspült ist, kannst du die Höhle nur mit einer Bootstour auf dem Song River besichtigen. Diese Tour buchst du bequem in Sơn Trạch am Visitor Center.
Ein weiteres Highlight ist die Dark Cave, die allerdings nur in einer geführten Tagestour besichtigt werden kann. Die lohnt sich aber! Während der Tour bekommst du jede Menge Insider-Infos über den Park, die Bewohner und die Zeit während und auch nach dem Krieg. Nach einem reichhaltigen Barbecue im Grünen, startet dann der aktive Part des Tages. Du schwingst dich samt Rettungsweste, Helm und Stirnlampe auf einer Zipline über einen Fluss und schwimmst das restliche Stück in die dunkle Höhle. Hier begibst du dich auf eine kleine Wanderung durch vollkommen dunkle Gänge, an deren Ende eine kleine Überraschung wartet, die ich hier nicht verraten möchte.
Diese und noch viele weitere, auch mehrtägige (Wander-) Touren kannst du sowohl im Farmstay als auch im Easy Tiger Hostel immer einen Tag im Voraus buchen.
Ein Tag reicht nicht aus
Natürlich kannst du den Phong Nha-Kẻ Bàng Nationalpark nur für einen Tag besuchen. Aber gerade nach einem Blick auf die möglichen Touren, die von ruhig bis abenteuerlich alles bieten, wirst du schnell feststellen, dass eben ein Tag nicht reicht. Selbst wenn du nur auf der Suche nach etwas Ruhe und Erholung bist, wird dich die Mystik und die Authentizität des Ortes sofort packen. Hier findest du tatsächlich das urige Vietnam, vom dem du zu Hause auf dem Sofa geträumt hast. Also gönne dir ein paar Tage länger und genieß es.
Hast du den Phong Nha Ke Bang Nationalpark bereits besucht? Was waren deine Highlights? Verrate es uns in den Kommentaren.
Über die Gastautorin
Urlaub haben und dann nicht durch die Welt ziehen, das gibt es bei Magdalena nicht. Von der ersten großen Tour mit dem Camper durch die USA kam sie mit einer wichtigen Erkenntnis zurück: Egal wie viel du vorher planst und organisierst, es klappt selten alles wie gewünscht. Von auf Parkplätzen übernachten zu plötzlichem Wintereinfall ohne Winterreifen war auf dieser Tour alles dabei. Und trotzdem – oder deshalb – war es einer der genialsten Trips jemals. Auf ihrem Reiseblog Living the World teilst sie ihre vielen Reisgeschichten und will vor allem eins: Dich aus deiner Komfortzone zu locken, denn die Welt ist viel zu schön, um sie vor lauter Wenns und Abers nicht zu entdecken.